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Erweiterte Schutzkonzepte für die Elektroinstallation

netzwerktechnik







VIELE VERALTETE ANLAGEN – Der überwiegende Teil der Elektroanlagen in Deutschlands Wohn- und Zweckbauten ist veraltet.

Dabei hat sich nicht nur die Zahl der elektrischen Verbraucher pro Haushalt in den letzten Jahrzehnten vervielfacht – auch die Integration erneuerbarer Energiequellen wie Photovoltaik belasten zunehmend vorhandene Installationen. Gefragt sind deshalb erweiterte Schutzkonzepte, die das nötige Maß an Sicherheit gewährleisten und die Voraussetzung für einen energieeffizienten Gebäudebetrieb schaffen.
Deutschland hat, auch im europäischen Vergleich, einen hohen Anteil an Liegenschaften, die vor 1971 errichtet wurden: 29 Mio. Einheiten sind älter als 35 Jahre, davon 11 Mio. älter als 60 Jahre. Die Renovierung der Gebäuden schließt die Erneuerung der Elektroinstallation häufig nicht ein – und dies, obwohl Elektroanlagen laut des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) nur eine Lebensdauer von 30 bis 35 Jahren haben.
70 % aller Elektroanlagen in Deutschlands Wohnbau sind demnach in Betrieb, obwohl ihre Lebensdauer bereits überschritten ist. Auch von defekten Leitungen können vielfältige Gefahren ausgehen. Mögliche Gefahrenquellen sind zum Beispiel beschädigte Kabelisolierungen, gequetschte oder geknickte Leitungen und Anschlüsse, UV-Strahlung und Nagetierverbiss bei Außenleitungen, gebrochene Kabel oder lose Kontakte.

Mängel in der Elektroinstallation
Was das in der Praxis bedeutet, zeigt eine Untersuchung von rund 1450 Wohnungen und 46 Gärten in Dresden und Hannover. 1500 Mängel in der Elektroinstallation fanden die Fachleute dort – darunter:
•    ca. 900 lockere Klemmen
•    ca. 200 Verletzungen des Berührungsschutzes
•    ca. 115 zu hohe Absicherungen
•    65 fehlende FI-Schutzschalter im Bad wegen Bestandsschutz (Baujahr vor 1984)
•    65 fehlende FI-Schutzschalter für Außensteckdosen
•    ca. 45 fehlende PE-Anschlüsse in zweipoligen Dosen für Endgeräte
•    ca. 40 nicht richtig ausgeführte Erdungsanlagen
•    3 defekte FI-Schutzschalter (nicht geprüft und verharzt)
Und auch beim Personen- und Brandschutz herrschten in den untersuchten Liegenschaften gravierende Mängel. Festgestellt wurden unter anderem:
•    fehlender oder mangelhafter Schutz gegen Berühren (Basisschutz)
•    Schutzleiter nicht vorhanden, nicht angeschlossen, unterbrochen oder vertauscht (Fehlerschutz)
•    fehlender oder nicht wirksamer zusätz¬licher Schutz (RCD 30 mA)
•    lockere Schraubverbindungen
•    zu hohe Absicherung
Dieser Befund bestätigt den häufig maroden Zustand der Elektroinstallation in deutschen Wohn- und Zweckgebäuden. Die Folgen sind laut Zahlen vom Statistischen Bundesamt, VdS, IFS und GDV verheerend; einige Beispiele: Elektrisch bedingte Brände kosten jährlich über 100 Menschenleben und verursachen finanzielle Schäden in Höhe von bis zu 2 Mrd. € pro Jahr. Rund 30 % aller elektrisch verursachten Brände sind auf Mängel in der Elektroinstallation zurückzuführen, 19 % aller Elektroanlagen bieten keinen Schutz vor direktem Berühren. Im Durchschnitt kommt es jährlich zu 460.000 Blitzeinschlägen in Deutschland. Die Folge: Finanzielle Verluste von bis zu 330 Mrd. € pro Jahr. Rund 55 % aller elek¬trisch verursachten Brände werden durch defekte Elektrogeräte verursacht, und 15 % aller Elektroanlagen verzeichnen Mängel in den Kabeln elektrischer Geräte.

Gestiegene Anforderungen
Der allgemein mangelhafte Zustand der Elektroinstallation wiegt umso schwerer, als die durchschnittliche Belastung stark gestiegen ist: Noch vor 30 Jahren nutzte ein durchschnittlicher Haushalt etwa acht elektrische Anwendungen. Heute dagegen sind teilweise bis zu 70 elektrische Geräte pro Haushalt im Einsatz, darunter etliche Großverbraucher wie Waschmaschine, Geschirrspüler und Mikrowelle. Hinzu kommt: Moderne Elektrogeräte zeigen andere Charakteristika hinsichtlich der Stromaufnahme als frühere Geräte, etwa durch Frequenzumrichter in Waschmaschinen oder Schaltnetzteile bei Fernsehern, PCs oder LED. Dies erfordert neue, geeignete Schutzgeräte.
Und auch dezentrale Energieerzeuger wie PV-Anlagen stellen bisher unbekannte Anforderungen an die Elektroinstallation. Ebenso bringt z. B. das Laden eines Elektroautos einen hohen Strombedarf über mehrere Stunden mit sich. Ältere Installationen können diesen regelmäßigen Belastungen auf Dauer nicht standhalten.
Eine unzureichend geschützte Elektroin¬stallation birgt also vielfältige Gefahren. Die geltenden Errichtungsbestimmungen, wie z. B. DIN VDE 0100-410:2007, sind für Neuinstallationen oder Erweiterungen anzuwenden. Insbesondere sind Anforderungen hinsichtlich des Schutzes gegen betriebsbedingte Überlastung, gegen Kurzschlüsse in Kabeln und Leitungen sowie der Schutz gegen elektrischen Schlag beschrieben.
Neben diesen drei Gefahrenbereichen aber bestehen weitere Risiken, für die ein umfangreicherer Schutz nötig und nach Stand der Technik auch möglich ist. Die notwendigen Sicherheitsstandards und die in-stallationstechnischen Voraussetzungen für moderne Energiekonzepte sind nur über leistungsfähige und zukunftssichere Anlagen zu gewährleisten, welche die normativen Grundanforderungen übertreffen. Das gilt für den Zweck- wie für den Wohnbau. Der Weg dorthin führt über erweiterte Schutzkonzepte für die Elektroinstallation.

Risikominimierung nach Stand der Technik
Aufgabe solcher erweiterter Schutzkonzepte ist die gezielte Minimierung des Restrisikos durch den bedarfsgerechten und kombinierten Einsatz verschiedener Schutzkomponenten. Dies setzt eine genaue Kenntnis möglicher Gefährdungspotenziale und entsprechender Gegenmaßnahmen voraus. Im Rahmen eines systematisch umgesetzten Schutzkonzeptes decken ineinander greifende Komponenten drei wesentliche Schutzbereiche ab: den Leitungs-, den Personen- und den präventiven Brandschutz.

Leitungsschutzschalter zum Anlagenschutz
Leitungsschutzschalter schützen Kabel, Leitungen und Anlagen vor Überlast und Kurzschluss. In den unterschiedlichen Anwendungsbereichen, ob in Industrie, Infrastruktur oder in der Gebäudetechnik, garantieren sie eine sichere und schnelle Abschaltung und können so Sachwerte und Menschenleben schützen. Sie sind in der Regel flexibel einsetzbar und untereinander kombinierbar.
Ergänzend dazu decken Überspannungsschutzgeräte transiente, also kurzzeitige Überspannungen ab, wie sie z. B. durch Blitz¬einschläge oder Spannungsschwankungen im Netz entstehen.

Personenschutz durch FI-Schutzschalter
Während Leitungsschutzschalter primär die Anlage schützen, dienen Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen der Sicherheit von Personen: Sie vermeiden gefährliche Körperströme bei indirektem und direktem Berühren, indem sie beim Überschreiten eines bestimmten Differenzstroms den überwachten Stromkreis schnell und sicher vom Netz trennen. Die Fehlerursache kann beispielsweise ein defektes Elektrogerät sein. Für viele Anwendungsbereiche ist deshalb die Installation von FI-Schutzschaltern mit Bemessungsfehlerströmen von maximal 30 mA in Neubauten bereits Pflicht: z. B. seit 1984 in Räumen mit Badewanne oder Dusche (DIN VDE 0100-701:2008-10) und seit 2007 zudem für alle Steckdosen-Stromkreise mit einem Bemessungsstrom bis 20 A, die für die Benutzung durch Laien und zur allgemeinen Verwendung bestimmt sind (DIN VDE 0100-410:2007).
FI-Schutzschalter des Typs A lösen sowohl bei sinusförmigen Wechselfehlerströmen als auch bei pulsierenden Gleichfehlerströmen aus. In zahlreichen modernen Betriebsmitteln, z. B. Waschmaschinen oder Heizungspumpen, befinden sich einphasige Frequenz¬umrichter. Diese können auf der Abgangs¬seite Fehlerströme aus einem Frequenzgemisch mit Frequenzanteilen im kHz-Bereich erzeugen. FI-Schutzschalter des Typs A sind dafür nicht ausgelegt.
Um in diesen Situationen die Schutzfunk¬tion sicherzustellen, hat z. B. Siemens den neuen FI-Schutzschalter des Typs F eingeführt. Er erweitert den Schutz- und Funktionsumfang des Typs A. Diese FI-Schutzschalter verfügen über eine Stoßstromfestigkeit von größer 3 kA und eine Belastbarkeit mit glatten Gleichfehlerströmen von bis zu 10 mA, ohne dass die Geräte in ihrer Funktion beeinträchtigt werden.
Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen des Typs A und des Typs F sind allerdings nicht in der Lage, glatte Gleichfehlerströme zu erfassen, wie sie im Fehlerfall auftreten können bei Einsatz von dreiphasigen Frequenzumrichtern, medizinischen Geräten und USV-Anlagen sowie beim Laden von Elektrofahrzeugen. Hier kommen die allstromsensitiven Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen der Typen B und B+ zur Anwendung. Sie haben einen zusätzlichen Wandler zur gesonderten Erfassung von Gleichfehlerströmen. Sie eignen sich für den Einsatz im Drehstromsystem vor Eingangsstromkreisen mit Gleichrichtern.
Alle FI-Schutzschalter mit Bemessungsdifferenzströmen von maximal 300 mA tragen auch zum Brandschutz bei, indem sie Brände verhindern, die durch Erdschlussströme entstehen können.

Brandschutzschalter schließt Sicherheitslücke
Eine der häufigsten Brandursachen sind gefährliche Fehlerlichtbögen. Fehlerstrom- und Leitungsschutzschalter können jedoch insbesondere keine seriellen Fehlerlichtbögen erkennen. Bereits kleine Ursachen – beschädigte Kabelisolierungen, gequetschte Leitungen, abgeknickte Stecker, lose Kontaktstellen in der Elektroinstallation, aber auch die mangelnde Qualität billiger Imitate von Elektro-Markenprodukten – können gravierende Folgen haben. Daraus entstehende Lichtbögen können Leitungsisolierungen entzünden und zu einem Kabelbrand mit der Folge eines Gebäudebrandes führen.
Diese Sicherheitslücke schließt der Brandschutzschalter 5SM6 von Siemens. Er reagiert auch auf serielle Fehlerlichtbögen und schaltet die betroffenen Stromkreise im Detektionsfall sicher ab. Dafür misst er permanent das Hochfrequenzrauschen von Spannung und Strom in deren Intensität, Dauer sowie die dazwischen liegenden Lücken. Integrierte Filter mit Software werten die Signale aus. Bei Auffälligkeiten schalten sie innerhalb kurzer Zeit den angeschlossenen Stromkreis ab.
Harmlose, unkritische Störquellen, wie sie zum Beispiel beim Betrieb von Bohrmaschinen oder von Staubsaugern vorkommen, kann der Brandschutzschalter von gefährlichen Lichtbögen unterscheiden. Der Brandschutzschalter eignet sich auch für die Nach¬rüstung bestehender und älterer Anlagen. Dies ist ¬insofern wichtig, als das Risiko gefähr¬licher Fehlerlichtbögen gerade bei älteren Elektroinstallationen besonders hoch ist.
In zwei Gerätevarianten mit zwei verschiedenen Baubreiten erhältlich, lässt sich diese Neuentwicklung mit verschiedenen Leitungsschutzschaltern bzw. Fehlerstrom- / Leitungsschutzschaltern (FI/LS-Schalter) bis 16 A Bemessungsstrom koppeln. Durch Einsatz von anbaubaren Hilfsstromschaltern ist die Anbindung an ein übergeordnetes Leitsystem möglich. So kann z. B. das Auslösen des Schalters an eine zentrale Warte gemeldet werden.

Fazit
Hohe Sicherheitsstandards und die Integra¬tion neuer Energiequellen und Verbraucher setzen besonders leistungsfähige Elektro¬installationen im Zweck- und Wohnbau voraus. Gefragt sind deshalb umfassende Schutzkonzepte auf einer breiten Basis geeigneter Schutzgeräte – umgesetzt von qualifizierten Elektroinstallateuren. Diese können mit entsprechenden Konzepten nicht nur ¬ihren Kunden eine hohe Sicherheit garantieren, sondern sich damit auch einen entscheidenden Vorsprung gegenüber dem Mitbewerber verschaffen.

Quelle: de das elektrohandwerk

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